Globi – genetisch verändert

(NZZ- Feuilleton – Seite 43)

Immer pädagogischer und immer korrekter – das neue Globi-Buch soll Kindern die Energiewende nahebringen

Wer erinnert sich nicht gern an die GlobiBücher seiner Kindheit? Und wer zeigt sie, teilweise eigenhändig koloriert, nicht gern seinen Kindern oder Enkeln? Das umfangreiche Opus mit den Zeichnungen von Lips und den Versen von Bruggmann, später von anderen Dichtern, begann in den dreissiger Jahren und war gespickt mit Humor und Übertretungen aller Art. In die Westschweiz, ins Tessin schaffte es Globi kaum, aber die Bücher wurden und werden in Brasilien, den USA, Frankreich, Deutschland, Österreich, Norwegen, Finnland und Schweden vertrieben. So sind darin Indianer, Franzosen und Spanier liebevoll karikiert und bieten den Kindern einen witzigen Zugang in fremde Welten. Auch heilige Kühe wie die Schweizer Armee mitten im Zweiten Weltkrieg wurden von der Satire nicht verschont. Man denke an «Globi wird Soldat».

Nun tritt uns Globi in einem neuen Band als «Sachbuch für Kinder» entgegen. Geblieben sind der ausdrucksvolle Papageienschnabel, das Beret und die rot-schwarz karierte Hose. Verschwunden sind die Ironie, die Streiche und die Poesie. Alles Prosa. Damit könnten Kinder leben, wenn wenigstens Globi als Globi noch fassbar wäre. Doch je weiter man im Buch vorstösst, desto deutlicher wird, dass er bloss den Aufhänger bildet für das Vorhaben, den Kindern die Energiewende ins Herz zu schreiben.

Die guten Seiten seien nicht verschwiegen: Die Leser und die in der Globi-Kultur ebenso wichtigen Vorleserinnen erfahren auf eingängige Art viel Wissenswertes über Physik, Stoffwechsel, Energiequellen, Erdgeschichte und Klima. Doch schon die erste Seite bemüht sich um modische Korrektheit und stellt uns zwei Opfer des Klimawandels, Tara und Eneri, vor. Sie mussten ihre Heimat auf der Pazifikinsel wegen des steigenden Meeresspiegels verlassen. Dass dafür die Industrieländer verantwortlich sind, versteht sich von selbst. Wo Wasser wegen des Klimawandels knapp wird, etwa in Afrika, «kämpfen verschiedene Gruppen … um den Zugang zu Wasser. Dabei machen sie auch von Waffen Gebrauch. Manchmal gibt es dabei auch Tote.»

Die Darstellung führt geradlinig ans Ziel: Die Schweiz verbraucht 536 000 TJ pro Jahr aus Gas und Öl. Nach der Energiewende lässt sich diese Menge ganz aus Erdwärme, Holz, Sonnenkollektoren und Wärmepumpen gewinnen. Damit die Wende zum Guten gelingt, müssen die Leser über ein paar Ungereimtheiten hinwegsehen: Der wichtigste Grund für die Misere in vielen Ländern Afrikas ist nicht das Wasser, sondern sind die Betonköpfe in den Regierungsvierteln. Und fossile Energien decken heute fast zwei Drittel des Verbrauchs und können erst nach Jahrzehnten ersetzt werden. Zudem sind erneuerbare Energien nicht apriori sauberer.

Die Energiewende – politisch Energiestrategie 2050 genannt – befasst sich vor allem mit der Stromversorgung und blendet die anderen zwei Drittel des Energiebedarfs aus. Durch die Dauersubventionierung sind die Energiepreise gefallen, was den Verbrauch erhöht. Die überstürzte Abkehr von der Atomkraft erhöht den CO2-Ausstoss und dient weder Globi noch Tara und Eneri.

Die Comic-Figur Globi wird pädagogisch malträtiert. Was kommt als Nächstes? Globis Kampf gegen den Rassismus? Globi versteckt Asylbewerber? Oder: Globi wird sexuell belästigt? Bei gleicher Breite wie bisher hat das Buch nun fast A4-Format. So passt das GlobiBuch gut neben die Bundesordner im Archiv. Da gehört es auch hin, mitsamt seiner Schulmeisterei, dem parareligiösen Rettungsanspruch und der Bundessubvention von 145’000 Franken.

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