Eine Religionslehrerin sagte unlängst zur Viertklässlerin aus einer Unternehmerfamilie: Du kommst nicht in den Himmel. Sie berief sich dabei auf den Ausspruch Jesu, wonach eher ein Kamel durch ein Nadelöhr geht als dass ein Reicher ins Reich Gottes gelangt (Matthäus 19,24, Markus 10,25, Lukas 18,25). Die Katechetin übertrug die Eigentumsverhältnisse der Eltern direkt aufs Kind. Schon diese Sippenhaftung zeigt eine gewisse Lieblosigkeit. Wichtiger ist, dass die Jünger Jesu nach seiner Aussage völlig ausser sich waren und zurückfragten: »Wer kann dann gerettet werden? Jesus aber blickte sie an und sprach: Bei Menschen ist das unmöglich, bei Gott aber ist alles möglich!« (Mat 19,26) Die drei ersten Evangelien – bei Johannes fehlt dieser Abschnitt – stehen sich hier in der Textgestalt sehr nahe.
Der Reichtum hat in der Bibel zwei Seiten. Er ist einerseits Ausdruck des göttlichen Segens, wie zum Beispiel bei Abraham, den der Herr reich gesegnet hatte mit Wohlstand, enormem Viehbesitz, Silber und Gold, Knechten und Mägden (Genesis 24,35). Die andere Seite ist, dass der Reichtum zur Versuchung werden kann. Ein reicher – übrigens auch ein mittelloser – Mensch kann auf die Idee kommen, sämtliche Dinge mitsamt den menschlichen Beziehungen der Besitzvermehrung unterzuordnen. Schon die Profeten kritisierten solche Habgier. Sie ist ein zerstörerisches Geschwür.
Das ändert jedoch nichts daran, dass der Eigentumsschutz zum Kern der jüdisch-christlichen Ethik gehört. »Du sollst nicht stehlen«, sagt das achte Gebot. Ohne Privateigentum gibt´s keinen Wohlstand für alle. Die marxistischen Systeme wollten das Eigentum abschaffen, nahmen es aber den Leuten bloss weg und schaufelten es den Parteibonzen zu. Dass daraufhin die Güter vergammelten und Hungersnöte wüteten, zeigt die Kernkompetenz von Kollektivsystemen: Ausbeutung. Deshalb sollten die Kirchgemeinden ihren Beauftragten im Sinne von Paulus ab und zu auf die Finger schauen. »Ermahnt euch untereinander!« (1. Thess 5,11, Lutherbibel)
Weltwoche 13/2017