Ehe für alle?

Darum wird ein Mann Vater und Mutter verlassen und seiner Frau anhangen, und die zwei werden ein Fleisch sein. Dies ist ein grosses Geheimnis; ich spreche jetzt von Christus und der Kirche. (Epheser 5,31f) – Paulus zitiert hier die Schöpfungsgeschichte, nach welcher der Mensch als Mann und Frau geschaffen wurde. Indem Mann und Frau zueinander finden und sich gegenseitig unterstützen, vollendet sich ihre Zweiheit als leibliche Einheit. Sie sind der Prototyp der menschlichen Gemeinschaft, nicht zuletzt deshalb, weil sie einander oft auch irritieren. Unterschiede sind ein Qualiätsmerkmal jeder tragfähigen Gemeinschaft. Sie wirken genetisch und geistig kreativ.
Zwar enthält das Neue Testament keine Doktrin über die «christliche Ehe». Indessen ist die dezidiert jüdisch-christliche Sicht auf die Ehe nicht zu übersehen. Die Analogie zur Beziehung zwischen Mensch und Gott verleiht der Ehe eine theologische Dimension. Das war in den Gesetzgebungen über die Ehe erkennbar, solange sich der Staat ans christliche Bekenntnis anlehnte. Für die Eheschliessung waren ja über Jahrhunderte die Kirchen zuständig, ehe 1874 die obligatorische Zivilehe eingeführt wurde. Seither wurde das Eherecht mehrmals verändert.
Minderheiten, darunter sexuell anders veranlagte Menschen, dürfen nicht diskriminiert werden. Das sollte jedoch nicht dazu führen, den Begriff der Ehe fallen zu lassen. Eine Ehe ist die auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft zweier Menschen verschiedenen Geschlechts, also von Mann und Frau. Ermöglicht der Gesetzgeber die «Ehe für alle», so gibt er den kulturell tief verankerten Ehebegriff auf. In diesem Falle wäre es logischer, einfacher und konsequent, der Staat würde im Zivilgesetzbuch die Abteilung über das Eherecht ganz streichen und für diverse Lebensgemeinschaften Musterverträge – Rechte, Pflichten, Güterstand, Scheidungsmodalitäten etc. – zur Verfügung stellen. Auch die Kirchen könnten dies tun. Bindungswillige würden einen Vertrag aussuchen und allenfalls anpassen.

Weltwoche 37/2019

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