Zwanzig Jahre alt war Achas, als er König wurde, und sechzehn Jahre lang war er König in Jerusalem. Und anders als David, sein Vorfahr, tat er nicht, was recht war in den Augen des HERRN, seines Gottes. (2. Könige 16,2) – Die baldigen Parlamentswahlen werden in den kommenden Wochen stark präsent sein. Man könnte fast von einer Wahlchilbi sprechen, denn auch auf der Chilbi winkt man einander zu, macht ordentlich Lärm und dreht sich im Kreis. Das Medieninteresse ist mitsamt der Kandidatenschar seit Jahrzehnten kräftig angewachsen. Offensichtlich steht in unserer Demokratie die Frage «Wer soll den Staat regieren?» an oberster Stelle. Diese Frage geht auf den griechischen Philosophen Platon zurück. Er fürchtete, die Menschen würden die Freiheit missachten und schliesslich einem Tyrannen verfallen. Solche Fälle gab’s ja oft genug. Deshalb müssten die edelsten und weisesten Philosophen den Staat regieren. Das Individuum war für Platon unwichtig. In diesem Denkschema dreht sich tatsächlich alles um die Frage, wer den Staat regieren soll.
Die Bibel öffnet eine völlig andere Sicht. Rund drei Viertel der Könige von Israel und Juda bekommen ein schlechtes Zeugnis, wie eingangs zitiert. Man muss also davon ausgehen, dass der Staat zeitweise von völlig ungeeigneten Leuten geleitet wird. Und weil die Machthebel charakterschwache Personen besonders unbändig anlocken, könnte die Dubel- und Schurkenquote unter den Politikern sogar höher sein als im Volk. Der Philosoph Karl Popper hielt es für «Wahnsinn, alle unsere politischen Bemühungen auf die schwache Hoffnung zu gründen, dass die Auswahl hervorragender und kompetenter Herrscher erfolgreich sein wird». Viel wichtiger sei es, dafür zu sorgen, dass die Staatsmacht eng beschränkt ist, um den Schaden trotz der vielen Fehlbesetzungen zu begrenzen. Deshalb mein theologischer Rat an alle Stimmberechtigten: Gehen Sie wählen, aber verplempern Sie nicht zu viel Zeit mit der Wahlchilbi. Kämpfen Sie lieber dafür, den Staat zu beschränken!
Weltwoche 35/2019