So sollt auch ihr, wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen war, sagen: Wir sind unnütze Knechte; wir haben getan, was wir zu tun schuldig waren. (Lukas 17,10) Ich hätte Hemmungen, einen Untergebenen, der etwas versäumt hat, unnütz zu nennen. Geschweige denn einen, der alles getan hat. Die Übersetzer der neuen Zürcher Bibel dachten das auch und liessen das Wort «unnütz» weg. Das ist eine Textfälschung. Ausserdem nennt ja Jesus seine Jünger nicht unnütz, sondern ruft sie auf, sich selbst so zu nennen. Was aber soll das?
Der moderne Umgang ist darauf angelegt, dass wir einander durch Lob und Komplimente motivieren. In der Erziehung kann das bis zu Überdosis gehen. An Veranstaltungen häufen sich Standing Ovations, wo ein herzlicher Applaus genügen würde. Wirtschaftskapitäne scheinen manchmal auf mediale Komplimente hinzuarbeiten. Verhaltensökonomische Studien haben allerdings nachgewiesen, dass Konzernchefs, die von den Medien gelobt wurden, in den Folgejahren schlechtere Ergebnisse ablieferten. Die Sozialdemokraten, von europaweit 90% linken Journalisten (bei der NZZ nur 75%) belobigt und gepflegt, sind weithin pflegebedürftig geworden. Scheinbar gibt es einen engen Zusammenhang zwischen Selbstgefälligkeit und Misserfolg. Hochmut kommt vor dem Fall. (Sprüche 16,18)
Auch das Gegenteil ist offensichtlich. Die Medien dürfen heuer stolz auf 40 Jahre Blocher-Beschimpfung zurückblicken. «Unnütz» gehörte noch zu den mildesten Vorwürfen. Aber seltsam: Der Verfemte wurde immer erfolgreicher. Als Unternehmer, Familienvater, Politiker, Kunstsammler, Kulturförderer, Referent, Publizist. Er ist nicht das einzige Beispiel dafür, dass Demütigungen, obwohl sie wehtun, via Demut zu einem klaren Urteil und zum Erfolg führen können. Das ist übrigens das Erfolgsgeheimnis der Puritaner. Deshalb: Legen auch Sie mal Ihre Glanzlichter beiseite und und betrachten Sie sich als unnütz. Das tut weh und stärkt Ihr Gespür für das Wesentliche. Sie werden sich selbst und Gott besser kennen lernen.
Welwoche 43/2019