Kein fauler Friede

Was die Intervention der USA in Syrien bewirkt, weiss heute niemand. Wir wissen bloss, dass das jahrelange Zuschauen der Gewaltspirale freien Lauf liess. Bei aller Vorsicht muss man annehmen, dass die Nicht-Intervention in Syrien mehr Todesopfer gefordert hat als die Intervention im Irak. Ein Kurswechsel ist deshalb kein Tabu.
Das unschöne Thema gibt uns Gelegenheit, über Krieg und Frieden aus biblischer Sicht nachzudenken. Was Krieg ist, hat Carl von Clausewitz in seinem berühmtem Werk »Vom Kriege« so definiert: »Der Krieg ist ein Akt der Gewalt, um den Gegner zur Erfüllung unseres Willens zu zwingen.« – Gewalt befürwortet grundsätzlich kein vernünftiger Mensch. Sie kann jedoch das kleinere Übel sein, wenn es darum geht, Gewaltorgien von Unvernünftigen zu stoppen.
Was aber ist Frieden? Reicht es, wenn die Waffen schweigen? Den meisten Pazifisten scheint das zu genügen. Sie stützen sich auf die römische Pax. Das Wort hängt mit dem Verb pangere zusammen, was »einschlagen, befestigen« bedeutet. Unter »pacare«, wörtlich »befrieden«, verstand der Feldherr Julius Cäsar »erobern«. Nach dieser Lesart leben unterdrückte Völker wie die Nordkoreaner oder die Weissrussen in Frieden.
Der biblische Friede – Schalom, wie zugleich der Gruss unter Juden lautet – ist anders. Das Wort hängt mit dem hebräischen Verb »schalam« zusammen. Es bedeutet »wohlbehalten sein«; je nach Aussageform auch »ausgleichen, vergelten«. – »Denen, die ihn hassen, vergilt Gott ins Angesicht, und er vernichtet jeden.« (5. Mose 7,10) Vergelten steht für schalam. Vergeltungen, auch unter Menschen, können dem Frieden dienen, wenn sie sich gegen Verächter des Friedens richten. Deshalb bin ich als Christ kein Pazifist. Ich bin Schalomist und möchte Gewaltspiralen nach Möglichkeit stoppen. Selbst Jesus, als er die Jünger losschickte, sagte zu ihnen: Aber jetzt – wer einen Geldbeutel hat, nehme ihn mit, wer einen Sack hat, desgleichen. Und wer nichts hat, verkaufe seinen Mantel und kaufe ein Schwert.(Lukas 22,36)
Weltwoche 16/2017

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