Und getreulich brachte man die Abgabe und den Zehnten und die Weihegaben. (2. Chronik 31,12) – Seit Urzeiten schliessen sich Menschen zusammen für Bedürfnisse, die der Einzelne oder die Sippe nicht stemmen können. Jeder steuert seinen Teil dazu bei. Eine Kopfsteuer wäre angesichts der unterschiedlichen Einkommen und Vermögensverhältnisse schreiend ungerecht. Deshalb wurde die Frage nach der Steuergerechtigkeit schon vor 2500 Jahren mit der Proportionalsteuer beantwortet. Der «Zehnte» hat im Judentum und im Christentum bis in die Neuzeit nachgewirkt und wird noch heute von einigen Freikirchen angewandt. Auch andere Kulturen, etwa der Islam, kannten seit jeher die proportionale Besteuerung. Auf die Idee der progressiven Besteuerung kamen, abgesehen von einer Episode in Florenz im 15. Jahrhundert, erst Marx und Engels mit ihrem Ansinnen, «der Bourgeoisie nach und nach alles Kapital zu entreissen». Die Steuerprogression begann ihren Siegeszug Ende des 19. Jahrhunderts in Preussen. Sie bedeutete die Abkehr von der Rechtsgleichheit und lieferte die Steuersysteme der politischen Willkür aus.
Es geht nicht darum, ob der Steuersatz 10% oder 35% beträgt, sondern um den Grundsatz der Proportionalsteuer, auch Flat Tax genannt. Sie hat den Nachteil, dass der untere Mittelstand belastet wird. Das wiederum hat den Vorteil, dass der Mittelstand die Schmerzgrenze spürt und sich gegen überhöhte Steuern wehrt. Die Steuerprogression hingegen verleitet das Stimmvolk dazu, ständig neue Staatsausgaben zu beschliessen in der Annahme, dass «die Reichen» dafür aufkommen. In Tat und Wahrheit schröpft der Staat mittelfristig alle und lässt die Armen noch ärmer werden. Zu biblischen Zeiten wusste man um die zerrüttende Wirkung der Steuerprogression. Es wäre christlich und human, sich darauf zu besinnen.
weltwoche 23/2021