Da fragen ihn die Knechte: Sollen wir also hingehen und das Unkraut ausreissen? Er sagt: Nein, damit ihr nicht, wenn ihr das Unkraut ausreisst, auch den Weizen mit herauszieht. (Matthäus 13,28b-29) – Im Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen redet Jesus über die Gemeinde, die sich aus guten und schlechten Gestalten zusammensetzt. Sie gleichen einander und sollen sich gegenseitig ertragen. Es liegt noch eine weitere Deutung nahe: Will ich irgendwo eine Säuberungsaktion durchführen um schädliche Einwirkungen zu beseitigen, muss ich die Risiken abwägen. Erreiche ich das Ziel mit meinem Tun? Oder richte ich mehr Schaden als Nutzen an? Im Gleichnis ist die Lage verzwickt, weil es sich beim Unkraut um den giftigen Taumel-Lolch handelt, der dem Weizen in der frühen Wachstumsphase zum Verwechseln ähnlich sieht. Erst später unterscheidet er sich deutlich. Deshalb soll man das Jäten nicht überstürzen. Zwar erfordern manche Krankheiten und Schädlinge rasche Massnahmen. Aber nicht alle.
Im Falle von Covid 19 hat die Politik nicht-pharmazeutische Interventionen (NPI) in einem nie dagewesenen Ausmass angeordnet. Man wollte die Ansteckungszahlen senken. Eine schlüssige Studie hochkarätiger Fachleute aus Standford zeigt, dass der Westen die NPI von China übernommen hat. Vor Corona wurden sie generell von der WHO als unwissenschaftlich und schädlich abgelehnt. Tatsächlich beeinflusst der Lockdown seit November das Infektionsgeschehen kaum mehr, richtet jedoch umfangreiche Schäden mit Langzeitfolgen an: Hunger, Suchtsyndrome, versäumte Impfungen, Zunahme von Nicht-Covid-Krankheiten, Bildungsdefizite, häusliche Gewalt, psychische Störungen bis hin zu Selbsttötungen sowie Gesundheitsschäden durch wirtschaftliche Einbussen. Zu viel gejätet. Mir scheint deutlich: Jesus würde von Lockdowns abraten.
Weltwoche 16/2021