Raubtierart

Aus seinem Gestrüpp ist ein Löwe aufgesprungen, einer, der Nationen vernichtet,ist aufgebrochen, ist von seiner Stätte gekommen, um dein Land zu verwüsten. (Jeremia 4,7) – Das Alte Israel lebte über Jahrhunderte vor den Drohkulissen eroberungswilliger Grossmächte. Hier ist es die babylonische Militärmaschine, die der Prophet Jeremia mit einem gefrässigen Löwen vergleicht. Frühere «Löwen» waren Ägypten und Assur, später Persien. Der Vergleich mit dem Raubtier enthält eine wichtige Enthüllung: Fleischfresser können von der Jagd absehen, wenn sie satt oder erschöpft sind. Aber sie können nicht zu Pflanzenfressern werden. Ihr Verdauungstrakt lässt das einfach nicht zu.
Das Fürstentum Moskau dehnt sich seit 700 Jahren nahezu pausenlos aus. Zu den erfolgreichsten Sammlern «russischer Erde» gehörte Iwan III., der im Jahr 1480 auch die tatarische Oberherrschaft abschüttelte. Die mongolisch sprechenden Tataren drückten dennoch dem moskowitischen Staat ihren Stempel auf: Er war seit den Anfängen bis heute eine raubtierartige Despotie und ahmte den straff organisierten Mongolenstaat nach. Dagegen muss sich seine Umgebung seit Jahrhunderten wappnen. Die pazifistische Politik der vergangenen dreissig Jahre gleicht dem Vorstoss eines Schafes, das dem Löwen einen gegenseitigen Nichtangriffspakt zur Unterschrift vorlegt. Der Löwe unterschreibt in guter Absicht, aber eines Tages melden sich sein Magen und sein Verdauungstrakt zurück. Raubtier bleibt Raubtier, egal ob «provoziert» oder nicht. Diese Lektion muss auch die Schweiz erneut lernen und ihre Verteidigung aufrüsten. Die Mittel dazu lassen sich schmerzlos durch die Beseitigung bürokratischer Überbeine und durch Sozialabbau freimachen. Es geht immerhin um den Schutz der christlich-humanitären Werte Freiheit und Menschenwürde.
Weltwoche 10/2022

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