Wir sind auch stolz auf jegliche Bedrängnis, da wir wissen: Bedrängnis schafft Ausdauer, Ausdauer aber Bewährung, Bewährung aber Hoffnung. Die Hoffnung aber stellt uns nicht bloss. (Römer 5,3ff) – Stolz ist ein Mensch in der Regel auf gute Leistungen und geglückte Vorhaben. Paulus überrascht seine Leser mit der Behauptung, die christliche Gemeinde sei stolz auf die Bedrängnisse, denen sie ausgesetzt ist. Man denkt an die Leidenserfahrungen Jesu. Aber auch die Gemeinde, die sich zu ihm bekannte, durchlief rauhe Zeiten, und vielfach noch heute. Erst später, mit der Vereinnahmung der Kirche durch den Staat, drehte sich die Bühne und kirchliche Eliten bedrängten ihrerseits Abweichler. Schon im Alten Testament schlagen sich die Israeliten mit Bedrängnissen herum. Gott selber hat sie herbeigeführt und damit einiges ausgelöst: Selbstreflexion, Erkenntnisgewinn, Liebe, auch Rebellion. Das Bekenntnis zu Gott passt nie völlig zur Werteskala der Welt.
Dass Bedrängnisse und Widrigkeiten zu Durchbrüchen verhelfen, beginnt mit der Geburt und ist eine menschliche Grunderfahrung. Die Kulturgeschichte kennt dafür unzählige Beispiele. Non est ad astra mollis e terris via – Es ist kein bequemer Weg von der Erde zu den Sternen, dichtete schon Seneca. Paulus geht ins Detail: Bedrängnisse ertragen heisst Ausdauer einüben. Das schärft den Blick auf die Realität und weckt die Hoffnung auf die wahren «Sterne»: die Erlösung durch Gott. Der trendige Weg unserer Zeit verläuft anders: Bedrängnisse werden betäubt, indem man Grenzen schleift, Geld druckt, Widersacher hätschelt, Lehrpläne verdünnt und den Alltag zum Notfall hochstemmt, um Unterstützungen herauszulocken. So werden Ausdauer, Bewährung und Hoffnung erstickt. Der künftige Nachholkurs dürfte umso härtere Bedrängnisse für uns alle bereithalten.
Weltwoche 8/2023