Auftragstreue

(Eigentümlich frei – Das Wort zum Monat – Juni 2021, 24. Jg., Nr. 213, Seite 61)

Gott wird im Alten Testament oft Herr der Heerscharen – Zebaot – genannt. Die Urabsicht dieses Titels dürfte sein, die Allmacht Gottes herauszustellen. Im Neuen Testament kommt er nur vereinzelt vor. Indessen genießen Offiziere im Evangelium eine hohe Aufmerksamkeit. Der Hauptmann von Kapernaum bittet Jesus, seinen gelähmten und schmerzgeplagten Knecht zu heilen. Jesus verspricht, bald vorbeizukommen, aber der Hauptmann will ihn nicht bemühen und fügt an: Sprich nur ein Wort, so wird mein Knecht gesund (Matthäus 8,8). Er vergleicht dann die Macht Jesu über die Krankheiten mit seiner Befehlsgewalt über die Untergebenen und Soldaten. Als Jesus dies hört, lobt er den Hauptmann für seinen Glauben. Auch bei der Kreuzigung ist es ein Hauptmann, der das Bekenntnis ausspricht: Wahrlich, dieser ist Gottes Sohn gewesen!

Die Sympathie der Bibel für das Militär hängt nicht am Kriegshandwerk, sondern an der Treue zum Auftrag. Das Militär ist für Notfälle da, nämlich für den Krieg, und die- ser ist eine intensivierte Form des Lebens, wo Zufälle und kleine Nachlässigkeiten schlimmere Folgen haben als sonst. Die Auftragstreue ist in allen Lebensbereichen erforderlich, besonders in der Kirche und beim Staat, aber in der Armee ist sie beispielhaft. Ihr Zustand – heruntergekommen oder allzu mächtig – ist ein Indikator für den Zustand einer Gesellschaft. In der deutschen Bundeswehr sind viele Panzer und U-Boote marode. Der Niedergang begann vor Jahren und beschleunigte sich unter der Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Sie wollte im Heer mehr Gerechtigkeit und Gleichheit. Auch übergewichtige und schwächliche Bürger sollten zugelassen werden. Deshalb wurden die Anforderungen gesenkt. Diese trendige Haltung kann im Ernstfall zum lebensgefährlichen Zynismus werden. Von der Leyen ist auftragsvergessen, pudert gerne ihr Ego. Als es zu viel war, schob Merkel sie nach Brüssel ab. In der EU scheint die Auftragstreue entbehrlich zu sein. Vermutlich gibt es dort überhaupt keinen Auftrag.

Peter Ruch ist evangelisch-reformierter Pfarrer im Ruhestand und Stiftungsrat des Liberalen Instituts, Zürich.

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